Rede von Dustin Rösemann Ratssitzung am 29.09.2025

Historischer Wendepunkt
80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stehen wir an einem historischen Wendepunkt: Die letzten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der NS-Zeit versterben. Damit geht die Möglichkeit verloren, aus erster Hand über die Schrecken des Nationalsozialismus zu erfahren. Umso wichtiger ist es, die Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes wachzuhalten und sichtbar im Stadtbild zu verankern. Die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig haben sich als wirksames Instrument der dezentralen Erinnerungskultur etabliert. Sie bringen die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in den Alltag der Menschen und machen die Geschichte dort sichtbar, wo die Verfolgten gelebt haben.
Stolpersteine in Gifhorn und Kästorf
Wie die Bundeszentrale für politische Bildung betont, unterstützen mittlerweile zahlreiche Initiativen in Deutschland und Europa dieses Projekt, darunter Geschichtsvereine, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und die Deutsch-Israelische Gesellschaft.
In Gifhorn und bei der Diakonie Kästorf wurden in den letzten Jahren bereits mehrere Stolpersteine verlegt, die an das Schicksal von Menschen erinnern, die während der NS-Zeit verfolgt, deportiert und ermordet wurden. Leider waren auch in unserer Stadt Menschen von NS-Verfolgung betroffen – sei es wegen Kontakten zu Kriegsgefangenen, der Verweigerung des Hitlergrußes oder anderer Formen des Widerstands gegen das Regime.
- Paul Alfred Basse
- Max Alfred Dunkel
- Max Habermann
- Elisabeth Thran
- Hermann Thran
- Heinz Försterling
- Wilhem Noltemeyer
Dies sind die Namen der Verfolgten für die Anfang 2025 die bisher letzten Stolpersteine in unserer Stadt verlegt wurden. Die Namen aus 2021, 2022 und 2023 spare ich mir auf Grund der begrenzten Redezeit. Leider wird die Liste in den kommenden Jahren noch länger werden müssen.
Ergänzende Links:
- https://www.waz-online.de/lokales/gifhorn-lk/gifhorn/gifhorn-die-lebensgeschichten-hinter-den-stolpersteinen-UO6667F2RJHT7DLVJ6BNTNEGTQ.html
- https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/gifhorn/article408228707/neue-stolpersteine-erinnern-an-schutzhaeftlinge-in-gifhorn.html
- https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/gifhorn/article407651160/stolpersteine-in-gifhorn-putzen-und-rosen-zum-gedenken.html
- https://www.braunschweiger-zeitung.de/gifhorn/article239786135/Gifhorn-Kuenstler-Gunter-Demnig-verlegt-Stolpersteine.html
- https://kurt-gifhorn.de/wenn-die-einberufung-fur-begeisterung-sorgt-fur-gretus-schutte-war-der-krieg-ein-ausweg-aus-dem-kastorfer-erziehungsheim
- https://regionalheute.de/gifhorn/erste-stolpersteine-fuer-gifhorn-broschuere-begleitet-erinnerungs-projekt-gifhorn-1633081365/
ehrenamtliche Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine
Die ehrenamtliche Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine in Gifhorn hat in den vergangenen Jahren wertvolle Arbeit geleistet, um die Schicksale dieser Menschen zu recherchieren und ihnen durch die Verlegung von Stolpersteinen ein würdiges Gedenken zu ermöglichen. Diese wichtige Arbeit soll gewürdigt und verstetigt werden! Die regelmäßige Verlegung von Stolpersteinen – nach Vorstellungen der Arbeitsgruppe alle zwei Jahre – stellt sicher, dass die Erinnerungsarbeit kontinuierlich fortgeführt wird und wiederholt öffentliche Aufmerksamkeit erfährt. Zudem bietet die Einbindung in digitale Projekte die Chance, die lokale Erinnerungsarbeit mit überregionalen Initiativen zu vernetzen und für noch mehr Menschen zugänglich zu machen.
klares Bekenntnis der Stadt
Die Stadt Gifhorn bekennt sich mit diesem Beschluss zu ihrer historischen Verantwortung und setzt ein klares Zeichen gegen das Vergessen. In Zeiten zunehmender geschichtsrevisionistischer Tendenzen und eines erstarkenden Rechtsextremismus ist die aktive Erinnerungsarbeit wichtiger denn je.
Wir schulden den ehrenamtlichen Recherchen der Stolperstein AG, dem Stadtarchiv und unseren Gifhorner Lokalhistorikern sehr, sehr großen Dank für die stetige Aufarbeitung unserer Geschichte, auch der grässlichsten Kapitel!
weiteres Gedenken
Zwei persönliche Anregungen erlaube ich mir noch zu machen:
Erstens: Im Landkreis soll demnächst ein Gedenkstättenkonzept erarbeitet werden. Uns als Stadt würde es sehr gut zu Gesicht stehen, wenn wir uns hier sehr stark einbringen würden. Gedenkorte wie den Bahnhof Süd und das Barackenlager (400 an Methylvergiftung gestorbene Zwangsarbeitende), die Viehmarkthalle (als Zwischenstopp eines Todesmarsches), das Gerichtsgefängnis im Schloss sowie gegebenenfalls auch die Standorte der Konservenfabrik und der Glasfabrik mit ihren zahlreichen Zwangsarbeitenden stehen mahnend für unsere Verantwortung als Stadt! Verbrechen des Faschismus gab es auch in Gifhorn!
Täterverherung beenden!
Zweitens: Beenden wir die Ehrung von Tätern in dieser Stadt!
Wir sollten unbedingt prüfen, ob es noch Ehrenbürger, Plakettenträger und ähnliche Würden gibt, welche an TÄTER verliehen wurden. Diese gehören selbstverständlich aberkannt, denn das ist nicht, wofür wir als Stadt stehen wollen!
Außerdem ist es paradox einerseits Stolpersteine zu verlegen, doch andererseits Straßen weiterhin nach den Tätern dieser abscheulichen Verbrechen zu benennen.
Weder eine Hindenburgstraße, noch eine Carl-Diem-Straße sollten unsere Stadt schmücken! Auch ein Ludwig Kratz, Porsche, Ulrich Roshop, Sauerbruch oder Gerhard Fieseler und vielleicht noch ein paar weitere Namensgebungen gehören dringend hinterfragt und aufgearbeitet!
Fazit
Ich halte eine Zustimmung zur Verwaltungsvorlage über die Stolpersteinverlegung für selbstverständlich, bitte daher um die Ablehnung des völlig uninformierten Änderungsantrages, der trotz klarer Richtigstellung im Fachausschuss weiterhin aufrechterhalten wird.
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