Kreistag im Juni – zum Fremdschämen

Wir Grüne sind ja allerhand gewöhnt, seitdem die Megako als Betonmehrheit zusammen mit dem CDU-Landrat die Kreispolitik steuert – mittlerweile auch noch assistiert von zwei weiteren CDU-Kreisräten.

Junge Menschen versuchten mit ihrer Aktion die Kreistagsmitglieder auf ihre Ziele hinzuweisen.

Schon vor der Sitzung gab es Unstimmigkeiten: Einige junge Menschen versuchten mit ihrer Aktion die Kreistagsmitglieder auf ihre Ziele hinzuweisen. Unverständnis war noch die geringste Reaktion, die Sprüche, die von einigen Kreistagsabgeordneten kamen, waren weit unter der Gürtellinie.

Die Erstellung eines Seniorenkonzeptes wurde noch schnell auf die Tagesordnung gesetzt

Die Showveranstaltung nahm dann ihren Lauf und stockte erst einmal bei der Genehmigung der Tagesordnung. Die Megako hatte ungefähr zwei Minuten vor der Sozialausschusssitzung noch schnell einen TOP auf die Tagesordnung gesetzt, der sicherlich auch noch bei der nächsten Sitzung seinen Sinn gehabt hätte, um den anderen Fraktionen die Gelegenheit zu geben, sich in den Fraktionen angemessen vorzubereiten. Es ging nämlich um die Erstellung eines Seniorenkonzeptes, was bis 2020 zu erstellen ist. Der Megako hat sowohl beim Sozialausschuss als auch beim KA und beim Kreistag die Dringlichkeit mit 2/3 – Mehrheit bestätigt – im Wissen darum, dass die Definition der Dringlichkeit in einem sehr engen Rahmen zu sehen ist. Dringlichkeit besteht nach der einschlägigen Rechtsprechung nur dann, wenn die Behandlung des Tagesordnungspunktes in einer späteren Sitzung zu irreversiblen Schäden führen würde, wenn also die drohende Rechtsverkürzung schwerer wiegt als die Einschränkung des Vorbereitungsrechtes der Kreistagsmitglieder. Die Nutzung dieses Instruments zur Umgehung der Pflicht zur ortsüblichen Bekanntmachung ist rechtsmissbräuchlich, der vorliegende Sachverhalt kaum so dringlich, dass die Behandlung so kurzfristig notwendig geworden wäre. Ich habe hier die einschlägigen Kommentierungen mit Hinweis auf Urteile der Gerichte gewälzt und kann mir kaum vorstellen, dass der Beschluss der Megako vor dem Verwaltungsgericht standhalten würde. Aber der Beschluss ist erst einmal gefasst worden – Machtmissbrauch, Arroganz?

Über Straßenumstufungen im Zuge des A39 Baus durfte nicht diskutiert werden

Aber auch die Grünen wollten einen weiteren Tagesordnungspunkt auf die Kreistagssitzung setzen, nämlich die öffentliche Diskussion über die Straßenumstufungen im Zusammenhang mit der A 39 Planung. Nach jetzigem Stand wird der Landkreis durch Abstufungen zusätzlich 35 km Kreisstraßen erhalten, außerdem soll die B 4 nördlich von Gifhorn zur Landesstraße umgestuft werden, d.h. sie würde sich ausgezeichnet für Lkw eignen, die mautfrei nach Norden fahren möchten – also noch mehr Schwerlastverkehr im Kreis Gifhorn. Ganz offensichtlich haben sich die Mehrheit des Kreistages und die euphorischen A 39 – Befürworterinnen und Befürworter über Konsequenzen der Autobahnbaus wenig Gedanken gemacht.

Um jetzt dieses klassische Selbsttor nicht auch noch im Kreistag öffentlich darstellen zu müssen, hat die Kreisverwaltung diesen Sachverhalt so gesteuert, dass im nichtöffentlichen Kreisausschuss ein finaler Beschluss ohne Beteiligung der Öffentlichkeit gefasst wurde. Ich habe versucht, dies in den öffentlichen Kreistag zu transportieren, erst einmal durch Aufnahme meines Antrages ins Protokoll der Kreisausschusssitzung, dann zur Sicherheit noch einmal durch einen formvollendeten schriftlichen Antrag, der die Verwaltung fristgerecht erreichte.

Die Kreisverwaltung wollte aber auf jeden Fall eine weitere öffentliche Diskussion verhindern und blockierte die Aufnahme. Am Tag vor der letzten Kreistagssitzung informierte mich Dr. Walter darüber, dass die Verwaltung das Innenministerium eingeschaltet hätte. Das Innenministerium habe die Auffassung vertreten, das Thema Umstufungen sei final im Kreisausschuss beschlossen worden. Auf der anderen Seite müsse man – um nicht das Antragsrecht der Grünen zu blockieren – den Sachverhalt auf die Tagesordnung des Kreistages setzen, es dürfe allerdings keine inhaltliche Behandlung erfolgen. Als ich darum bat, mir die Aussage des Ministeriums zuzumailen, wurde ausweichend geantwortet und mir die Einsicht vor dem Kreistag in Aussicht gestellt.

Im Kreistag selbst habe ich dann noch einmal lautstark den Vermerk eingefordert – das hat dann der Landrat mit dem Hinweis gekontert, ich solle nicht so poltern, dies sei Verwaltungshandeln, ich hätte keinen Anspruch auf den Vermerk.

Frank-Markus Warnecke hat dann trotzdem ziemlich geschickt versucht, die Umstufungen im Kreistag zur Sprache zu bringen, bis der Kreistagsvorsitzende Werner Warnecke (CDU) ihm das Wort entzog.

Bei Anträgen ist es guter Brauch, dass zuerst die antragstellende Fraktion ihren Antrag begründen kann

Die Arbeit des der Neutralität verpflichteten Kreistagsvorsitzenden war ohnehin auch bei dieser Sitzung grenzwertig. Einen ganz besonders delikaten Schachzug leistete er sich beim Thema RZI. Wir Grüne hatten einen Antrag gestellt, dass im Landkreis Gifhorn ein Regionales Beratungs- und Unterstützungszentrum Inklusive Schule eingerichtet wird.

Bei Anträgen ist es guter Brauch, dass zuerst die antragstellende Fraktion ihren Antrag begründen kann. Nicht in Gifhorn beim RZI – erst wurde die Fraktionsvorsitzende der CDU ans Rednerpult gerufen, um mir eine Rüge zu erteilen, da ich unseren Antrag unmittelbar nach Sitzung der Arbeitsgruppe Schulentwicklungsplanung gestellt hätte, erst dann durfte ich unseren Antrag begründen.

Wir werden die Arbeit des Kreistagsvorsitzenden in den nächsten Sitzungen noch ein wenig genauer beobachten und auch dokumentieren müssen.

Alle klimaschutzrelevanten Anträge wurden abgebügelt

Insgesamt war die Sitzung wie üblich: Die AfD mit ihren menschenverachtenden Sprüchen, mit Werbebotschaften für den motorisierten Individualverkehr möglichst mit Dieselmotoren, Breitseiten gegen die grüne Verbotspartei, die unsere Autoregion kaputtmachen will, außerdem gibt es keinen Klimawandel und Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun. Die Megako wie gewohnt argumentativ schwach (es fahren nur vereinzelt Fahrräder auf dem neuen Radweg an der K 114, nach Braunschweig kann man optimal mit dem Fahrrad fahren).

Und dann wurden eben alle klimaschutzrelevanten Anträge abgebügelt – ohne substantielle Gründe, aber mit der Arroganz der Macht.

Aber – wir machen weiter und bereiten uns auf die Zeit nach der nächsten Kommunalwahl vor.