Die letzte ordentliche Sitzung des Gifhorner Kreistags am 11. Juni 2025 war noch überschattet vom plötzlichen Tod unseres Landrats Tobias Heilmann. Aus Pietätsgründen wurden daher alle explizit parteipolitischen Anträge vertagt. Dennoch gab es auch hier einige Beschlüsse mit erkennbarer grüner Handschrift. Jetzt, mit etwas Abstand zu Trauerfeier, lohnt es sich, noch einmal genauer hinzuschauen.
Guter Anfang für die Nachhaltige Beschaffung
Einen Tagesordnungspunkt hätte es ohne die Initiative unserer Kreistagsfraktion so gar nicht erst gegeben. Die Rede ist von Tagesordnungspunkt 16 „Nachhaltige Beschaffung“, unter dem auf den ersten Blick eine gewöhnliche Verwaltungsvorlage mit einer Mehrheit von 30 Ja- zu 22 Nein-Stimmen beschlossen wurde. Bei näherem Hinsehen erkennt man jedoch, dass im Text unter „Sachverhalt“ ein Antrag unserer Kreistagsgruppe von Anfang 2024 erwähnt wird.
Besagter Antrag fand damals im Umweltausschuss am 13. Februar 2024 in seiner ursprünglichen Form keine Mehrheit, wurde aber in einen Prüfauftrag umgewandelt. Der Kreistag beschloss diesen geänderten Antrag dann in seiner Sitzung am 28. Februar 2024 mit hauchdünner Mehrheit, die nur durch intensive Verhandlungen hinter den Kulissen erreicht werden konnte. Den so beschlossenen Prüfauftrag machte sich die Kreisverwaltung anschließend zu eigen und brachte als Resultat in diesem Jahr ihre eigene Vorlage in die Kreistagsgremien ein.
Infolge des Kreistagsbeschlusses vom 11. Juni 2025 soll die Kreisverwaltung fortan alle in ihrem Bericht dargestellten rechtlichen Vorgaben und Möglichkeiten zur nachhaltigen Beschaffung verstärkt beachten. Des Weiteren hat sie nun den expliziten Auftrag, die „Zielsetzung [der nachhaltigen Beschaffung] im Rahmen einer arbeitsteiligen, schrittweisen Projektstruktur weiter zu verfolgen, wobei alle relevanten Stellen (Beschaffungseinheiten, Energiemanagement, Klimaschutz, Mobilitätsmanagement) einzubeziehen sein werden.“ Das ist aus grüner Sicht doch schon mal ein guter Anfang!
Fortschritte beim Klimaschutzmanagement
Die neuerdings gestärkte Rolle des Klimaschutzmanagements in unserem Landkreis verdanken wir primär nicht unserer Kreispolitik vor Ort, sondern der guten Arbeit der rot-grünen Regierungskoalition in Niedersachsen, allen voran unseres grünen Klimaschutzministers Christian Meyer und unserer grünen Landtagsfraktion. Am 11. Dezember 2023 verabschiedete der Niedersächsische Landtag eine wegweisende Novelle des Niedersächsischen Klimaschutzgesetzes (NKlimaG). Dieses legt nun fest, dass Niedersachsen schon 2040 die Klimaneutralität erreichen soll. Zur Umsetzung sieht das Gesetz nun unter anderem ein verpflichtendes, integriertes Klimaschutzmanagement auf Kreisebene vor (§ 18).
Vor diesem gesetzlichen Hintergrund sind die Verwaltungsvorlage unter Tagesordnungspunkt 28 „Nutzung von Photovoltaik-Anlagen auf landkreiseigenen Gebäuden Sachstandsbericht und weiteres Vorgehen“ und die Verwaltungsvorlage unter Tagesordnungspunkt 29 „Energie-Einspar-Contracting für weitere Gebäude des Landkreises Gifhorn“ zu lesen, die vom Kreistag ohne Änderungen beschlossen wurden. Doch einen kleinen Beitrag hat auch unsere Kreistagsfraktion dazu geleistet, was sich an der Erwähnung der „Neue[n] strategische[n] Zielsetzungen des Kreistages“ in der ersten Vorlage ablesen lässt.
Der Kreistag beschloss die neuen strategischen Oberziele des Landkreises Gifhorn in seiner Sitzung am 28. Juni 2023. Darunter findet sich das Ziel „Wir stellen uns den Klimafolgen, schützen die natürlichen Lebensgrundlagen, stärken die Biodiversität, und arbeiten aktiv an Lösungen für den Landkreis Gifhorn, die zur Erreichung der Klimaneutralität beitragen.“ Dies ist nur der Hartnäckigkeit unserer grünen Kreistagsfraktion zu verdanken. In seiner ursprünglichen Fassung lautete das Oberziel nämlich lediglich „Wir stellen uns den Klimafolgen und arbeiten aktiv an Lösungen für den Landkreis.“
Auch bei den untergeordneten strategischen Zielen, die auf der Kreistagssitzung am 24. April 2024 beschlossen wurden, erwirkte unsere Kreistagsfraktion damals eine entscheidende Klarstellung: „Verringerung des Energieverbrauches bei eigenen Gebäuden und Anlagen gemäß den gesetzlichen Vorgaben sowie Evaluation der Zielerreichung alle zwei Jahre.“ Die Ursprungsfassung hatte noch „Verringerung des Energieverbrauches bei eigenen Gebäuden und Anlagen in den nächsten 10 Jahren um 10%“ gelautet.
Verbesserungen beim Nahverkehrsplan des Regionalverbands
Der Landkreis Gifhorn gehört zum Regionalverband Großraum Braunschweig. Dieser ist in seinem Verbandsgebiet Aufgabenträger des gesamten Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Als solcher muss er alle fünf Jahre einen Nahverkehrsplan aufstellen, der als Planungsinstrument zur zukünftigen Entwicklung des ÖPNVs in unserer Region dient. Die Verbandsglieder – darunter der Landkreis Gifhorn – sind bei der Aufstellung eines neuen Nahverkehrsplans zu beteiligen. Das ist der Hintergrund für Tagesordnungspunkt 30 „Nahverkehrsplan 2025 für den Großraum Braunschweig; Beteiligungsverfahren gem. § 6 Abs. 4 des Niedersächsischen Nahverkehrsgesetzes (NNVG)“.
Die Kreisverwaltung hatte hier bereits eine aus Sicht unserer Kreistagsfraktion sehr gute Stellungnahme ausgearbeitet. Beispielsweise moniert sie darin die unzureichende Berücksichtigung der Schülerbeförderung, die im Landkreis Gifhorn bekanntermaßen hauptsächlich über den ÖPNV realisiert wird. An einer Stelle fehlte es uns in der Stellungnahme aber noch an Nachdruck. So konnten wir im Verkehrsausschuss am 28. Mai 2025 erwirken, dass die Stellungnahme wie folgt ergänzt wird: „Die Regionalbahn-Linie 47 schneidet beim Kriterium „Pünktlichkeit“ als eine der schlechtesten in ganz Niedersachsen ab. Dieser Zustand ist auf Dauer nicht hinnehmbar. Durch den Regionalverband Großraum Braunschweig ist bis Mitte 2026 ein Konzept zur Verbesserung der Pünktlichkeit der Verbindung vorzulegen. Das erarbeitete Konzept ist bis spätestens Ende 2027 umzusetzen.“ So wurde es dann auch vom Kreistag beschlossen.
Wie der Regionalverband nun mit der Stellungnahme umgeht, das ist am Ende Sache der Verbandsverwaltung und der Verbandsversammlung. Erste Gespräche mit der Leitungsebene der Verbandsverwaltung zeigen hier Bereitschaft zum Entgegenkommen. Und auch unsere grüne Verbandsfraktion wird nur einen Nahverkehrsplan mittragen, der einen funktionierenden und zukunftsweisenden ÖPNV in der gesamten Region und für alle Nutzenden sicherstellt.
Resümmee und Ausblick
Die drei dargestellten Erfolge grüner Politik in unserem Landkreis zeigen, dass es auch als relativ kleine Kreistagsfraktion und ohne formelle Koalition möglich ist, Einfluss auf die Verhältnisse in unserem Landkreis zu nehmen. Manchmal sieht man das nicht auf den ersten Blick, weil nicht groß „Grüne“ auf der Beschlussvorlage steht. Dennoch steckt dahinter viel Vorarbeit hinter den Kulissen, für die es Verhandlungsgeschick und auch Kompromissbereitschaft braucht. Doch es bereitet auch Freude, so die Zukunft unseres Landkreises mitgestalten zu dürfen.
Am 13. September 2026 sind wieder Kommunalwahlen und es wird in dem Zuge ein neuer Kreistag gewählt. Wer weiterhin Kreistagsbeschlüsse mit grüner Handschrift sehen will, sollte bedenken, dass das kein Selbstläufer ist: Je stärker unsere Kreistagsfraktion bei der nächsten Wahl abschneidet, desto stärker wird auch zukünftig unser Einfluss sein.
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