Der Landkreis Gifhorn ist eine Insel

Kommentar von Klaus Rautenbach

Manches ist anders im Landkreis Gifhorn, alles dauert ein wenig länger. Die lange Zeit der absoluten Mehrheit der CDU hat Spuren hinterlassen, jetzt befindet sich die komfortable Mehrheit von schwarz bis farblos wieder in diesen tief eingefahrenen Rillen und kommt nicht heraus – oder nur sehr schwer.

Für uns Grüne bedeutet das, dass wir immer wieder daran arbeiten müssen, dass der schwerfällige Karren wenigstens ab und zu auf moderne Fahrwege kommt.

Immerhin ist uns das bei der Mobilität und auch beim weichen Tourismus ein Stückweit gelungen, hier wird hin und wieder eine leichte Kursänderung sichtbar, geht die Megako auf unsere Impulse ein. Sicherlich reicht das nicht aus, der Betonkurs bleibt weiterhin ziemlich stabil.

Ob unser Impuls beim Punkt „Sicherer Hafen“ zu einer Haltungsänderung führen wird, bleibt abzuwarten – immerhin haben sich bislang 113 deutsche Kommunen zu einem sicheren Hafen bekannt – das sollte dann doch zu einer Bewegung führen.

In der letzten Kreistagssitzung am 22.10.2019 taten sich dann mal wieder Abgründe auf – Bürgerinnen und Bürger in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, das fällt der Mehrheit doch schwer.

Zur Erinnerung:

Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Installation von zwei Einwohnerfragestunden jeweils zu Beginn und am Ende der Sitzung des Kreistages wurde in der Sitzung des Kreistages am 24.04.2019 mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

In vielen Kommunen gibt es dieses Instrument, das den Bürger*innen die Möglichkeit gibt, an der Kreistagsarbeit zu partizipieren und sich einzubringen. Dazu gehören auch Landkreise, zum Beispiel Borken, Jerichow, Neunkirchen, Rhein-Sieg-Kreis, Wolfenbüttel und Peine.

Nun ist in der gültigen Geschäftsordnung des Landkreises eine Einwohnerfragestunde im Rahmen der Tagesordnung des Kreistages enthalten – aber als Kann-Bestimmung. Das ist im Landkreis Wolfenbüttel übrigens auch so, aber natürlich erscheint der Tagesordnungspunkt dort immer auf der Tagesordnung.

Nicht aber im Insel-Landkreis Gifhorn. Das geht es eher monarchisch (oder herzöglich?) zu, Landrat und Kreistagsvorsitzender entscheiden regelmäßig, dass der Tagesordnungspunkt Einwohnerfragestunde nichts auf der Tagesordnung zu suchen haben.

Wir Grüne haben es versucht und den Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung zu setzen – immerhin gibt es ja neben Landrat und Kreistagsvorsitzendem noch andere Entscheider*innen im Kreistag, viele davon sind Angehörige von Parteien, die das D im Namen tragen.

Hätte ja klappen können – tat es aber nicht. Mit einer Enthaltung aus der Megako wurde unser Antrag abgelehnt.

Nun kennen wir Grüne den arroganten Machtmissbrauch der Megako zur Genüge – aber in diesem Punkt war er schon sehr überraschend.

Die Versuche, das Stimmverhalten zu begründen, waren dann allerdings besonders bemerkenswert.

Noch einmal zum Kern: Es gibt eine gültige Geschäftsordnung, die eine Einwohnerfragestunde enthält.

Die CDU-Fraktionsvorsitzende argumentierte mit Zeitverlust und der Behauptung, dass diese Fragestunden im Fachausschuss ausreichten und keinen Platz im Kreistag hätten.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende bewertete den Antrag als „Überbieten von Populismus“ und gebrauchte das Adjektiv „widerlich“.

Wer sich so öffentlich äußert, zeigt in aller Deutlichkeit sein mangelhaftes Demokratieverständnis. Aber nebenher wäre wohl für die Megako eine Fortbildung in Geschäftsordnungsfragen hilfreich.

Wir werden jetzt für jede Kreistagssitzung ab 2020 einen Antrag stellen, dass der TOP „Einwohnerfragestunde“ auf der Tagesordnung auftaucht.

Allerdings traue ich nach dieser Erfahrung der Megako zu, dass sie die Geschäftsordnung so ändert, dass es keine Einwohnerfragestunde mehr gibt und damit als Insellösung eine demokratiearme Zone schafft.