Hankensbüttel: Ratsherr kritisiert Stadionnamen und hebt Rolle des SS-Manns Ackmann in NS-Zeit hervor

Stein des Anstoßes: Der Historiker und ehemalige Geschichtslehrer am Hankensbütteler Gymnasium, Peter Dietz, der für DIE GRÜNEN auch im Gemeinderat sitzt, äußert Kritik. Mit Dr. Friedrich Ackmann werde ein NSDAP- und SS-Mann als Namensgeber für den Sportplatz am Gymnasium und für das Friedrich-Ackmann-Haus des DRK in Gifhorn geehrt. Am Gymnasium steht der Name des Stadions bereits seit geraumer Zeit im Fokus.

Über Dr. Friedrich Ackmann gibt es Informationen im Bundesarchiv. Fotos: Gerlach, Archiv

Mehrfach wurde in der Presse die Rolle von Oberkreisdirektor Dr. Friedrich Ackmann während des Krieges thematisiert, nicht zuletzt weil er Namensgeber des Sportplatzes am Gymnasium Hankensbüttel und einer DRK-Einrichtung in Gifhorn ist. Viele, so auch der grüne Ratsherr Peter Dietz aus Hankensbüttel, stellen sich die Frage, ob Ackmann würdig ist, in dieser Form geehrt zu werden.

Angesichts des 80. Jahrestages der Wannseekonferenz und des gerade begangenen Holocaustgedenktages, sei es endlich an der Zeit, „dass die Verantwortlichen im Kreis Gifhorn und beim DRK handeln und sich von dieser nationalsozialistischen Altlast befreien,“ so Dietz.

Funktionen und Ämter im Nazi-Regime

Um Ackmanns Bedeutung im Nazi-Regime zu beurteilen, müsse man sich seine Funktionen und Ämter verdeutlichen. Der ehemalige Gifhorner Oberkreisdirektor war Mitglied der NSDAP und SS-Mann. Allerdings kein einfaches SS-Mitglied, sondern war SS-Untersturmführer, was in der Militärhierarchie dem Rang eines Leutnants entsprach.
Seit Kriegsbeginn war Friedrich Ackmann Teil der sog. Zivilverwaltung eines der besetzten Ostgebiete, „Reichskommissariat Ukraine“ genannt. Laut Prof. Dr. Grieger war er in Kiew als Gebietskommissar eingesetzt. In dieser Funktion war er Chef einer Verwaltung, die dem Gebiet eines Landkreises entsprach, und verantwortlich für die dortige Bevölkerung zu der etwa 224.00 Juden zählten.

Außerdem war er Leiter der Hauptabteilung 1 beim Generalkommissar, dem SA-Brigadeführer Helmut Quizrau, in Kiew, seinem direkten Dienstvorgesetzen. Die Hauptabteilungen 1 war die politischen Leitstellen der jeweiligen Zivilverwaltung und machte die ideologischen Zielvorgaben.

Oberster Dienstherr von Friedrich Ackmann war der Reichsminister für die besetzten Ostgebiete (RMfdbO), Alfred Rosenberg, ein fanatischer Antisemit, dessen Behörde maßgeblich an den Beschlüssen der Wannseekonferenz zur völligen Vernichtung der Juden beteiligt war. Die Zielsetzung dieses sog. Ostministeriums und seiner untergeordneten Abteilungen, wozu auch Ackmanns Dienststelle gehörte, war u.a. die systematische Verfolgung der Juden in den besetzten Gebieten und deren Ermordung.

Verfolgung und Deportation in der Ukraine

Unmittelbar nach dem Einmarsch der Deutschen fand die systematische Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung statt. Täter waren nicht nur die „Henkersknechte“, die die Menschen erschossen haben, so Dietz, sondern all jene, die bei der systematischen Vorbereitung dieser Vernichtungsaktion mitgewirkt haben.

Sobald die deutsche Zivilverwaltung in der Ukraine – bei der auch Ackmann mitwirkte – etabliert war, war sie auch zuständig für die Verfolgung von Juden und die Deportation von Zwangsarbeitern. Sie arbeitete dabei eng zusammen mit dem Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD), der während des Krieges in den besetzten die zentrale Rolle bei der Ausrottung der Juden spielte. Man verständigte sich untereinander, wie schnell man die Juden ermorden könne und wie viele noch als Arbeitskräfte eine Zeit lang am Leben gelassen werden sollten.

Es sei nicht abwegig davon auszugehen, dass die Administration des Gebietskommissars Ackmann, die ja Zugang zu den Einwohnerdaten für Kiew hatte, beim Aufspüren der Menschen in ihren Wohnungen eine wesentliche Rolle gespielt hat. Immerhin galt SS-Mann Ackmann als ein Fachmann für „Mischbevölkerung“.

Umbenennung überfällig

Obwohl schon genügend Belastendes zu Dr. Ackmann bekannt ist, hat Dietz noch einmal recherchiert und dabei auch Wissenschaftler konsultiert, z.B. den ausgewiesenen Kenner der Epoche, den Historiker Dr. Bernd Otte, der derzeit in den Archiven in Kiew forscht.

„Unabhängig von Ackmanns konkreten Taten würde ich annehmen, dass eine Person, die so früh in die SS eingetreten ist und eine hohe Position in der Besatzungsverwaltung eingenommen hat, grundsätzlich unwürdig ist, öffentlich gewürdigt zu werden“, heißt es in einem Schreiben von Hoppe an Dietz.

„Selbst wenn man aufgrund fehlender Zeugen und Akten SS-Mann Friedrich Ackmann konkret keine Verbrechen zuordnen kann, so war er doch Teil eines Systems, für das wir heute nur noch Abscheu empfinden können“, so Dietz
Seit ein paar Jahren hat sich in der Justiz auch die Definition der NS-Täterschaft geändert. Vor dem Landgericht Itzehoe wird gerade einer Frau der Prozess wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen gemacht. Diese „Täterin“ war „nur“ Sekretärin im KZ Stutthof bei Danzig und mit Verwaltungsaufgaben betraut. Wieviel mehr muss SS-Untersturmführer Dr. Friedrich Ackmann als Gebietskommissar von Kiew „Täter“ gewesen sein?

Es sei längst überfällig, dass dieser Name eines NS-Täters aus dem Ortsbild von Hankensbüttel, z.B. am Platz der Partnerschaften und am Gymnasium verschwinde. Spätestens bei der Einweihung der neuen Sportanlage samt Turnhalle sollte eine Umbenennung erfolgen. Dann müsse man auch den Kindern, die die Schule zu mündigen Demokraten erziehen soll, nicht mehr erklären, warum ihr Sportplatz den Namen eines SS-Manns trägt. Bei den Fraktionen im Kreistag bestehe diesbezüglich dringender Handlungsbedarf, stellt Dietz in seiner Stellungnahme fest.

Anmerkung:

Vor wenigen Monaten jährte sich zum 80. Mal das Massaker von Barbi Jar bei Kiew. Innerhalb von 48 Stunden wurden am 29. und 30. September 1941, wenige Tage nach dem Einmarsch der Deutschen, mehr als 33.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus dem Raum Kiew zusammengetrieben und von Deutschen ermordet. Federführend tätig war dabei noch die deutsche Militärverwaltung.